Wie McKinsey, BCG und Bain Künstliche Intelligenz strategisch integrieren

McKinsey, BCG und Bain integrieren Künstliche Intelligenz tief in ihre Geschäftsmodelle und schaffen damit die Grundlage für eine neue Ära der Strategieberatung. Während Junior-Tätigkeiten zunehmend automatisiert werden, investieren die MBBs in eigene KI-Einheiten, Plattformen und Weiterbildung, um Beratung schneller, datenbasierter und skalierbarer zu machen. KI wird so vom Analysewerkzeug zum zentralen Bestandteil der Wertschöpfung.

Wie McKinsey, BCG und Bain Künstliche Intelligenz strategisch integrieren

Letzte Woche las ich einen interessanten Beitrag von Graf André P. zum Thema „The Death of McKinsey. Again…“. In den vergangenen Monaten wurde oft darüber diskutiert, ob Consulting durch KI verschwinden oder sich radikal verbessern wird. Die Wahrheit liegt vermutlich in der Mitte: Tätigkeiten auf Junior-Level werden sich stark verändern, doch es braucht weiterhin Beraterinnen und Berater, die Kunden durch den Dschungel von Handlungsoptionen und Daten führen. Proprietäre Daten zu Industrien, Projekten, Benchmarks und Trends werden dabei zum entscheidenden Differenzierungsfaktor. Denn die Kosten und der Aufwand, um öffentlich verfügbare Daten zu finden und zusammenzufassen, tendieren gegen null. Dadurch bieten sie kaum noch Wettbewerbsvorteile – weder für Beratungen noch für deren Klienten.

Grund genug also, einen genaueren Blick auf die KI-Aktivitäten der MBBs (McKinsey, BCG, Bain) zu werfen. Die führenden Strategieberatungen integrieren KI zunehmend tief in ihre Kernprozesse – von Datensynthese und Benchmarking über Szenario-Modellierung bis hin zu Portfolio-Optimierung und Kundendelivery. Ihre Antworten auf den technologischen Wandel heißen McKinsey QuantumBlack, BCG X und Bain Vector. Alle drei verfolgen das Ziel, ihre Kunden durch KI erfolgreicher zu machen und gleichzeitig die eigene Wertschöpfungskette grundlegend zu transformieren. Partner und erfahrene Senior-Berater werden dabei zunehmend durch KI in Datenaufbereitung und -analyse unterstützt. Das ermöglicht, in kürzerer Zeit mehr Szenarien zu entwickeln und datenbasierte Handlungsempfehlungen abzuleiten. Schon heute zählen McKinsey, BCG und Bain zu den intensivsten Nutzern von KI weltweit, um Akquisition, Delivery und Knowledge Management zu optimieren.

KI als Bestandteil der Wertschöpfung

Mit dem Einzug von KI beginnt eine neue Phase der Technologisierung in der Beratung. Beratungen investieren verstärkt in Technologie und Know-how, da KI ein fester Bestandteil der Wertschöpfungsprozesse wird. Laut öffentlich verfügbaren Daten gehören derzeit etwa fünf Prozent der Mitarbeitenden der MBBs zu den KI-Units – darunter Fachbereiche wie Data Science, Engineering und Software Development. Alle drei Unternehmen kooperieren mit großen Cloud-Anbietern (z. B. Google, Microsoft, AWS) und stellen so eine sichere KI-Infrastruktur für den Arbeitsalltag bereit, um Klientendaten zu schützen.

Zudem investieren die Beratungen intensiv in die Aus- und Weiterbildung ihrer Consultants, damit KI-Grundlagen verstanden und im Projektalltag angewendet werden können. Der strategische Ansatz ist klar: eine stabile technische Plattform, geschulte Mitarbeitende und der gezielte Einsatz firmeneigener Datenquellen, und damit Wissen aus Projekten und Branchen, nicht aus dem offenen Web. So entsteht die Basis, um KI als General-Purpose-Technologie gezielt einzusetzen und Geschwindigkeit sowie Wirkung von Beratungsprojekten deutlich zu erhöhen. Hypothesenbasierte Arbeitsweisen, also das Entwickeln von Annahmen, testen, verfeinern, lassen sich durch KI massiv beschleunigen, da Hypothesen nun in Echtzeit datenbasiert geprüft werden können (Data-Driven Decision-Making). Entscheidend bleibt jedoch eine klare KI-Strategie, um dieses Potenzial zu heben.

McKinsey: QuantumBlack als strategisches Rückgrat

McKinsey akquirierte 2015 das Londoner KI-Unternehmen QuantumBlack, das damals rund 30 Datenwissenschaftler beschäftigte. Heute zählt QuantumBlack über 1.000 Mitarbeitende. Die Strategie beruht auf zwei Säulen: der Entwicklung proprietärer, wiederverwendbarer Softwareprodukte und der Pflege enger Partnerschaften mit großen Cloud-Anbietern. Mit über 200 Softwareingenieuren in den QuantumBlack Labs entstehen Plattformen wie Kedro, eine Open-Source-Bibliothek zum Aufbau modularer, wartbarer und reproduzierbarer Data-Science-Pipelines mit inzwischen über 17 Millionen Downloads. McKinsey schafft damit nicht nur Lösungen für Kunden, sondern auch Infrastruktur, auf der andere aufbauen können. Zudem betreibt McKinsey seit der Übernahme von Iguazio (2023) eine eigene KI-Datenmanagement-Plattform zur schnellen Entwicklung von AI-Anwendungen. Ebenfalls eingesetzt wird die KI-Plattform McKinsey Lilli, die bereits über ¾ der Berater weltweit nutzen. Damit positioniert sich das Unternehmen zunehmend auch als Plattformanbieter – nicht nur als Berater.

BCG: Integration von innen heraus

Die Boston Consulting Group verfolgt einen organischen Ansatz. Bereits 2015 gründete BCG die Einheit Gamma, aus der später BCG X hervorging – eine integrierte Tech-, Build- und Design-Organisation, die BCG Gamma (KI und Data Science), Digital Ventures (Design und Innovation) und Platinion (IT-Architektur und Engineering) vereint. BCG X beschäftigt weltweit rund 3.000 Spezialisten aus Data Science, Softwareentwicklung, Ingenieurwesen und Design. Die Zahl soll sich in den kommenden Jahren verdoppeln. BCG X konzentriert sich auf die Anwendung von KI im Produktdesign und in der User Experience. Die Data-Science-Teams entwickeln analytische Modelle und KI-Lösungen von der Idee über das Prototyping bis zur Skalierung beim Kunden. BCG setzt dabei weniger auf eigene Plattformen, sondern auf Partnerschaften mit Technologieanbietern wie Microsoft und Google. Im Bereich Fertigung etwa werden KI-Lösungen auf Basis der Power Platform und Azure entwickelt, um Produktionsprozesse datenbasiert zu optimieren. BCG kombiniert damit technologische Tiefe mit strategischer Beratung. Besonderen Wert legt BCG dabei auf eine kundenzentrierte KI-Transformationsstrategie vom Design bis zur Umsetzung.

Bain: Dezentral integrierte Plattformstrategie

Bain & Company verfolgt mit Bain Vector einen integrierten Plattformansatz. Unter diesem Dach arbeiten über 1.500 Expertinnen und Experten aus den Bereichen KI, Daten, Analytics, Architektur und Engineering und sind dabei vollständig in Kundenprojekte eingebettet. Die Führung von Bain Vector erfolgt dezentral: Der Global Head of Digital Practices und der Vector Leader geben die Richtung vor, die Umsetzung liegt in den Projektteams. Bain pflegt eine enge Partnerschaft mit OpenAI und hat auf dieser Basis Sage entwickelt – eine interne Plattform, die ChatGPT nutzt, um auf firmeneigenes Wissen zuzugreifen. Im Oktober 2024 kündigte Bain die Gründung eines OpenAI Center of Excellence an. Besonders im M&A- und Due-Diligence-Bereich sieht das Unternehmen hohes Automatisierungspotenzial. Im Mai 2025 ergänzte Bain die OpenAI-Kooperation um eine globale Partnerschaft mit Palantir Technologies, einem führenden Anbieter von Datenplattformen für komplexe, regulierte Umgebungen.

Fazit

Es zeigt sich, dass die großen Beratungsunternehmen ihre KI-Einheiten strategisch aufbauen und organisatorische Strukturen geschaffen haben. Im Verhältnis zur gesamten Belegschaft machen diese Einheiten jedoch bislang nur rund fünf Prozent der Mitarbeitenden aus. Die KI-Transformation der Beratungen steht also noch am Anfang. Deutlich wird jedoch, dass McKinsey, BCG und Bain die notwendigen Rahmenbedingungen legen: Sie investieren in sichere Tech-Plattformen, Software- und Designkompetenz sowie Frameworks, um künftig KI-gestützte Assistants, agile Workflows und Agenten zu entwickeln. Teilweise werden diese Lösungen bereits breit eingesetzt – etwa McKinsey Lilli, das von einem Großteil der Berater genutzt wird, oder die OpenAI-Plattform bei Bain.

Gleichzeitig bleibt die Aus- und Weiterbildung der Consultants entscheidend. Nur wenn Beraterinnen und Berater die Funktionsweise und Grenzen der KI verstehen, können sie gemeinsam mit Kunden sinnvolle Use Cases identifizieren und mit den spezialisierten KI-Teams umsetzen (Strategie und Umsetzung = outcome-based Consulting). Zudem deutet sich eine strukturelle Veränderung der Beratungsmodelle an: Weg von der traditionellen Pyramide hin zu einem schlankeren, „obeliskartigen“ Modell – mit einem Partner, wenigen erfahrenen Beratern und der Unterstützung leistungsfähiger KI-Systeme. Tätigkeiten im Bereich Datenaufbereitung und Basic Discovery werden zunehmend automatisiert, wodurch Beratungen schneller zu Synthese und konkreten Handlungsempfehlungen gelangen.

Bleiben Sie auf dem Laufenden!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.