Investitionen führender Berater in GenAI und Use Cases

Die führenden internationalen Beratungsunternehmen (u.a. Accenture, Bain, BCG, McKinsey, Big Four) investieren bereits massiv in den Aufbau und die Stärkung der eigenen KI-Fähigkeiten, insbesondere durch die Zusammenführung von Teams zu dezidierten Analytics- und KI-Einheiten oder durch Technologie -Partnerschaften. Im Jahr 2023 kündigte Accenture an, rund drei Milliarden US-Dollar in Künstliche Intelligenz zu investieren. PwC wird in den kommenden Jahren mehr als eine Milliarde US-Dollar in Künstliche Intelligenz investieren. Und allein bei McKinsey arbeiten über 70 Mitarbeiter am GenAI-Tool mit dem Namen Lilli, um das firmeninterne Wissen künftig noch strukturierter und besser zu heben.

Beratungsfirmen stehen vor der strategischen Herausforderung zu definieren, wie sie Kompetenzen und Fähigkeiten für GenAI entwickeln, Teamstrukturen und Arbeitsabläufe optimieren, eine unternehmensweite AI-Kultur und -Denkweise fördern sowie Geschäftsmodellinnovationen vorantreiben wollen. Denn Generative AI (GenAI) wird nicht nur die Datenanalyse verändern, sondern auch den Zugang, wie effizient und effektiv firmen- und industriespezifischen Wissen gefunden und neu kombiniert werden kann, um den besten Nutzen für die Kunden zu schaffen. GenAI wird damit die Consulting Value Chain deutlich verändern.

Nutzung des internen Know-hows

Das Wissen in der Organisation kann durch GenAI und Retrieval Augmented Generation (RAG) einfacher als früher verfügbar gemacht werden. Wissensintensive Dienstleistungsunternehmen sollten sich daher unbedingt mit den Möglichkeiten beschäftigen, um dieses Potenzial zu nutzen. Spannend ist dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass davon ausgegangen wird, dass circa 60-70 Prozent des gespeicherten Wissens in Unternehmen nicht genutzt werden. Zudem bietet der Einsatz von GenAI nicht nur die Möglichkeit, schnell auf Wissen der Organisation zuzugreifen, sondern darüber hinaus die Chance, Beraterinnen und Berater mit Kollegen innerhalb und außerhalb der Organisation zu verbinden, die über das entsprechende Fachwissen verfügen. Gerade in einer Zeit, in der immer stärker Fachwissen auch über Sourcing-Plattformen (z. B. AlphaSights) zur Verfügung steht, können KI-Tools helfen, innerhalb kürzester Zeit die richtigen Fachexperten zu identifizieren.

 

Quelle: Jonas Lünendonk, München 02/2024

Retrieval Augmented Generation erweitert die bereits leistungsstarken Funktionen von Foundation Models (z. B. ChartGPT, Gemini) auf die interne Wissensbasis einer Organisation, ohne dass das Modell neu trainiert werden muss. Dieser Ansatz scheint insbesondere in den letzten Monaten sehr vielversprechende Ergebnisse zu erzielen. Zudem ist die Implementierung kostengünstig, die Daten sind aktuell, was zu einem höheren Benutzervertrauen führt, und die Entwickler können die Ergebnisse besser steuern und ggf. korrigieren.

Die Brücke zwischen dezentralem Wissen und unternehmensweiter Synergie

Bei wissensintensiven Dienstleistungen entsteht das Wissen üblicherweise dezentral, also innerhalb der Projekte bei den Beraterinnen und Beratern. Die Frage ist jedoch, wie es den Beratungsunternehmen gelingt, dieses dezentrale Wissen über verschiedene Industrie- und Fach-Practices zu teilen und zu nutzen, um dadurch in zukünftigen Phasen von Beratungsprojekten einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Das Knowledge Management wird damit zum kritischen Erfolgsfaktor. Denn dieses Wissen (Daten) kann in die Entwicklung von eigenen GenAI-Lösungen einfließen, jedoch nur, wenn die organisatorischen Rahmenbedingungen gegeben sind.

Wissensverteilung via Chatbot für dezentrale Organisationen

Eine zentrale Hürde im Wissensaustausch stellt das Durchbrechen von Silos einer dezentralen Organisation dar, um diverse Individuen mit unterschiedlichen Praktiken und Wissen zu vernetzen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Daten und Dokumente korrekt sind, Vertraulichkeit gewahrt bleibt und keine Urheberrechte verletzt werden. Entsprechend müssen im Knowledge Management die Prozesse überarbeitet und angepasst werden. GenAI und ein strukturiertes Knowledge Management werden zukünftig das kollaborative Lernen einer Organisation unterstützen. So werden intelligente Wissensmanagementsysteme proaktiv Personen verknüpfen, die an vergleichbaren Projekten oder technischen Herausforderungen arbeiten.

Zugleich erleichtert die Interaktion mit einem Chatbot den Zugang zu Wissen, das an anderen Stellen innerhalb der Organisation früher verborgen war. Der elementarste Vorteil von GenAI ist also die Wissensverteilung der kollaborativen Intelligenz, die weit über das hinausgeht, was mit traditionellen Datenbanksystemen bisher möglich war. KI fördert somit kreatives Denken und die Bildung eines gemeinsamen Gedächtnisses unter Teammitgliedern und im Unternehmen insgesamt.

KI-Systeme werden zukünftig das Knowledge Management von Organisationen durchdringen, aber dabei darf nicht vergessen werden, dass Generierung und Management von Inhalten und Wissen grundsätzlich menschenzentriert sind. Die effektivste Anwendung von KI im Wissensmanagement wird daher nicht im Ersatz, sondern in der Ergänzung menschlicher Fähigkeiten liegen, was zu einer kollaborativen Intelligenz führt, in der KI und menschliche Expertise ihre jeweiligen Stärken synergetisch verstärken. Deloitte hat beispielsweise PairD entwickelt, um im Consulting-Prozess zu unterstützen.

PairD von Deloitte – selbstentwickelte GenAI-Lösung für tägliche Consulting-Aufgaben

Deloitte hat PairD, einen von ihrem AI Institute entwickelten internen generativen AI-Chatbot, für Mitarbeiter in Großbritannien, Europa und dem Nahen Osten eingeführt. PairD soll das Personal bei alltäglichen Aufgaben wie dem Erstellen von Inhalten, dem Schreiben von Code und der Durchführung von Forschungen auf sichere und geschützte Weise unterstützen.

Diese Investition von Deloitte zielt darauf ab, langfristig Zeit- und Kosteneinsparungen zu erreichen, indem sie die Effizienz der Mitarbeiter erhöht und Arbeitsabläufe optimiert. PairD verfügt über eine Vielzahl von Fähigkeiten, um u.a. Beraterinnen und Berater bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen:

  • Projektplanung:
    PairD kann bei der Erstellung von Projektplänen helfen, was eine effiziente Planung und Organisation von Projekten ermöglicht.
  • Projektmanagement-Beratung: Der Chatbot bietet Best-Practice-Ratschläge für das Projektmanagement, was zu optimierten Prozessen und verbesserten Ergebnissen führen kann.
  • Aufgaben-Priorisierung:
    PairD kann bei der Ermittlung und Priorisierung von Aufgaben unterstützen, was zu einer besseren Zeitnutzung führt.
  • E-Mail-Beantwortung:
    Der Chatbot kann genutzt werden, um E-Mails zu beantworten, was Zeit spart, und eine schnellere Kommunikation fördert. Entwurf von Inhalten: PairD ist fähig, schriftliche Inhalte zu erstellen, was die Arbeitslast bei der Erstellung von Berichten, Artikeln und anderen Dokumenten reduziert.
  • Code-Schreiben zur Automatisierung von Aufgaben:
    Der Chatbot kann bei der Entwicklung von Code helfen, um repetitive Aufgaben zu automatisieren. Erstellung von Präsentationen: PairD kann bei der Gestaltung von Präsentationen unterstützen, was die visuelle Kommunikation und Informationsvermittlung verbessert.
  • Durchführung von Forschungen:
    Der Chatbot kann Recherchearbeiten durchführen, was den Zugriff auf Informationen beschleunigt und die Informationsbeschaffung vereinfacht.
  • Erstellung von Meeting-Agendas:
    PairD kann bei der Planung und Strukturierung von Meeting-Agendas helfen, was zu effizienteren und zielgerichteteren Besprechungen führt.

 

Natürlich muss sich in der täglichen Arbeit noch zeigen, wie gut PairD funktioniert. Allerdings zeigt der Trend in eine klare Richtung und bestätigt die bereits vorgestellten Studienergebnisse.

McKinsey Lilli – Das interne Wissen für die Consultants verfügbar machen

Quelle: Case Interview Hub (Youtube 02/2024)

Laut McKinsey revolutioniert deren Tool Lilli den Zugang zu Wissen, indem sie Nutzerfragen analysiert und die relevantesten Inhalte aus dem umfangreichen Wissenspool von McKinsey sowie externen Quellen identifiziert und zusammenfasst. Die Plattform bietet zwei Modi: einen für die Suche in McKinseys Wissensdatenbank und einen weiteren für externe Informationsquellen, wobei sie die wichtigsten Inhalte zusammenfasst, Links bereitstellt und sogar Experten in den entsprechenden Fachgebieten identifiziert. McKinsey konzentriert sich zudem darauf, seine Nutzer bei Prompt Engineering und Inhaltsvalidierung weiterzubilden.

Das Unternehmen stellt ein Playbook bereit, das wertvolle „Lessons Learned“ enthält, um Beraterinnen und Berater sowie Kunden bei der Entwicklung und Anpassung ihrer eigenen Versionen von Lilli zu unterstützen. Insbesondere der letzte Teil des Satzes deutet darauf hin, dass McKinsey das Tool auch als Dienstleistung für den Kunden anbietet und so auf Basis des kollektiven Wissens der Organisation kapitalisiert.

Zusammenfassung

In der heutigen Wissensökonomie ist Wissensmanagement für Beratungsunternehmen unverzichtbar. Die fortschreitende Integration von GenAI verändert die Landschaft der Wissensarbeit, die sich durch kognitive Informationsverarbeitung und Wertschöpfung auszeichnet. Dies führt zu einer kollaborativen Intelligenz, in der KI und menschliche Expertise synergetisch zusammenwirken. In einer datengetriebenen Welt stellt das integrierte Wissensmanagement in Beratungsunternehmen nicht nur einen Wettbewerbsvorteil darstellt, sondern erfüllt auch die Forderung nach datenbasierten Entscheidungen. Die Bedeutung von Intellectual Property steigt, da sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten aus verschiedenen Quellen effektiv genutzt werden müssen, wodurch Wert und Wettbewerbsfähigkeit der Beratungsunternehmen steigen können.

Generative KI führt somit zur Entstehung von Augmented Professional Service Firms, die Mitarbeiterfähigkeiten in verschiedenen Dienstleistungsphasen verbessern, Datenanalyse und Ideengenerierung optimieren und das Heben des kollektiven Wissens der Organisation unterstützen. Die Verfügbarkeit von GenAI-Tools wie ChatGPT ermöglicht eine signifikante Leistungssteigerung in der Beratungsarbeit, wobei repetitive Aufgaben automatisiert werden können und ggfs. neue skalierbare Serviceangebote entstehen. Allerdings sollte Folgendes beachtet werden: Ja, GenAI kann unstrukturierte Daten (z. B. Textdokumente) verarbeiten, aber eine strukturierte Datenablage und Metadaten-Management bleiben der Schlüssel für die erfolgreiche Integration von GenAI in Arbeitsprozesse. Der Wert einer Organisation definiert sich nicht über das eingesetzte LLM, sondern über die Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der unternehmenseigenen Daten.

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